Glückwünsche eines Beglückwünschten
Dass „das“ Geburtstagskind des Jahres auch Gelegenheits- und Gebrauchsmusik komponierte, ist für manche(n) vielleicht eine Überraschung. Zumal zum Zweck der Ehrung vorgebrachte Gratulationsständchen mussten in der nachrevolutionären Ära Napeoleons in der Abkehr vom Adel und den Huldigungen an bürgerliche Prominente doch eher als provinzielle Relikte der Zopfzeit erscheinen.

Teil 3 von Beethovens Welt: Das Duo Tal ( Groethuysen spielt Klavierkonzerte von Eberl und Dussek (ASIN: B089TS2G3K, Sony 2020).
Ob Reinhard Goebels neuestes Projekt, das eine solche Nebenarbeit, genauer das Karl Friedrich Hensler, dem Direktor des Josephstädter Theater, gewidmete Gratulations-Menuett für Orchester in Es-Dur (WoO 3) in Verbindung mit zwei Doppelklavierkonzerten, einem von Anton Eberl und einem anderen von Jan Ladislav Dussek erst kürzlich vorsah, Abhilfe schafft, mag in Zweifel stehen.
Beabsichtigt ist der gewagte erfrischende Kontrast: Hier das in „feudalistischer“ Epoche basierte mittelmäßige Gebrauchsstück eines Meisters der Einfälle und Erfindungen, dort die noch den Geist des Sturm und Drang atmenden breit angelegten Partituren zweier weniger, aber äußerst ambitionierter Tonsetzer, die noch in der Sattelzeit aus dem Dunstkreis aristokratischer Residenzen kaum herausfanden. Die Klavierparts werden dank gekonnter Einfühlung in die Kunstsphären des späten 18. und des anbrechenden 19. Jahrhunderts vom Pianistenpaar Tal & Groethuysen wiederum virtuos und sinnstiftend vorgetragen. Jeffrey Arlo Brown fand freilich für Beethovens einleitendes Menuett wenig Lobendes, abgesehen von den Klarinettenstimmen.

Elisabetta Brusas 2. Symphonie (2000-2010/2017) wurde zusammen mit ‚Simply Largo‘ von 2007 für Naxos hier erstmals aufgenommen (ASIN: B08L1TSNXX, 2020).
Die Mailänderin Elisabetta Brusa, geboren 1954, die seit etlichen Jahren britische Staatsbürgerin ist, arbeitete über einen langen Zeitraum zwischen 2000 und 2010 an ihrer 2. Symphonie für großes Symphonieorchester einschließlich Harfe, Celesta und Schlagwerk. Unter anderen üben Fanfaren-Motive in der viersätzigen, weitgehend tonal gehaltenen und farbenreichen, auf eine Spielzeit von nahezu vierzig Minuten angelegten Symphonie mehr als nur Signaleffekte aus, sondern schaffen eine besondere Atmosphäre. Die erst 2017 orchestrierte Symphonie wurde im letzten Sommer durch das Ulster Orchestra unter Daniele Rustioni erstmals aufgenommen.

Das Label Skani Records veröffentlichte vor kurzem diese Aufnahme dreier großer Werke des lettischstämmigen Kanadiers Tālivaldis Ķeniņš (ASIN: B08JGWG3FJ, 2020).
Das Violinkonzert des in der Sowjetzeit nach Kanada ins Exil gegangenen lettischstämmigen Pianisten und Musikpädagogen Tālivaldis Ķeniņš (1919 – 2008) kann als ebensolche Rarität zwischen den Stühlen des 20. und 21. Jahrhunderts bezeichnet werden. Gemeinsam mit dem Konzert für fünf Schlagzeuger und dem auf die Renaissance-Polyphonie anspielenden geistlichen Beatae voces tenebrae hat sich das Lettische Staatliche Symphonieorchester des Werks eines in Europa noch immer relativ unbekannten, lange Zeit in Toronto wirkenden Kompositionslehrers angenommen, der nicht nur acht Symphonien, sondern in reicher Zahl Kammermusik, Kantaten und ein Oratorium schrieb.
Tālivaldis Ķeniņš: Little March
PS.: Auch bei Facebook? Dann werde Fan von amusio!